Offener Brief an die grünen Mitglieder der Bundesregierung
Liebe grüne Mitglieder der Bundesregierung,
bisher habe ich ihre Maßnahmen im Rahmen der Covid-19 Krise einigermaßen gut nachvollziehen und für mich persönlich auch mittragen können. Allerdings muss ich leider feststellen, dass ich den Grünen Faden bei den jüngeren Maßnahmen immer weniger sehe und mir die neueren Maßnahmen daher gelinde gesagt auch einfach schlecht bzw. zumindest schlecht umgesetzt erscheinen.
Eine verpflichtende Überwachung als Kuhhandel gegen andere Freiheiten ist einfach abzulehnen. Als IT Experte weiß ich um die Möglichkeiten solcher technischer Mittel sehr gut Bescheid, und kann solche Mittel schlichtweg nur ablehnen und dringend dazu raten sich entsprechenden Wünschen (siehe Nationalratspräsident Sobotka: “Stopp Corona”-App kann mit Verpflichtung noch mehr helfen) vom Koalitionspartner mit aller Kraft entgegen zu stemmen. Initiativen z.B. des Roten Kreuzes sind als Aktionismus einzusortieren und sortieren und auch hier ist gut gemeint von gut gemacht streng zu unterscheiden. Ob sie für die Überwachung nun die App des Roten Kreuzes oder meines Erachtens zweifelhafte Firmen wie Palantir heranziehen ist dann schon fast egal.
Sehr wohl aber gebührt den Bürgern der Europäischen Union insgesamt und natürlich auch Österreichs vollständiger und umfassender Einblick in die Grundlagen auf deren Basis die Experten, welche die Regierung beraten, Empfehlungen erarbeiten auf Basis der die Regierung Entscheidungen trifft. Mir fehlt hier so einiges einer für eine Demokratie sehr wichtiger an Transparenz:
- Zugänglichmachung der verwendeten Datenbasis für die kritische Öffentlichkeit, Sicherstellung des Datenschutzes selbstredens
- Veröffentlichung der verwendeten Methoden und Modelle
- Veröffentlichung der Interpretation aller Ergebnisse und deren Intepretation durch die Experten
- generell sollten die o.a. Informationen von den Experten selbst öffentlich dargelegt werden, diese sind fast gar nicht oder zu wenig sichtbar
- Entscheidungen müssen insgesamt transparenter und nachvollziehbarer dargestellt werden
Eine mögliche Panik im Momentum der ersten Entscheidungen ist nun vorüber, die Krisenkommunikation ist somit wieder einzustellen und der einer in einer Demokratie wichtige offene Umgang mit Information wieder herzustellen. Als Mitarbeiter eines Unternehmens der sogenannten nationalen kritischen Infrastruktur sehe ich mich als prinzipiell im Umgang mit Notfalls- und Krisensituationen vertraut und traue mir daher eine Aussage diesbezüglich durchaus zu.
Die Umsetzung der Hilfspakete wirkt insgesamt auch schlecht vorbereitet. Hier ist mein Anspruch und meine klare Erwartung an Grüne in einer österreichischen Bundesregierung eine andere und sehe meinen Anspruch daher leider immer weniger erfüllt. Bei der Planung von Maßnahmen, sollten sie diese stets einem “Oppositions-Check” unterziehen, etwas worin sie langjährige Erfahrung aus ihrer bewährten Oppositionsrolle haben.
Wenn ich nun Sachverhalte lesen muss, dass z.B. die Gestaltung der Medienunterstützung erst wieder hauptsächlich dem Boulevard und Parteiblättern (siehe Armin Wolf) zu gute kommt tue ich mir schwer zu glauben, dass wir Grüne in der Regierung haben. Wenn ich lese dass für die operative Umsetzung der Hilfsfonds die WKO oder eine überhastet gegründete Agentur herhalten soll – da ahne ich leider böses. Wie gesagt, der Grüne Faden in den Maßnahmen geht verloren …
Es gäbe übrigens noch vieles mehr zu sagen.
Freundliche Grüße
Daniel Wagner